Gleiche politische Leidenschaften

Veröffentlicht in Arbeit & Wirtschaft


Die Prominenz des DGB, der SPD und der Friedrich-Ebert-Stiftung macht einen ersten Rundgang durch die Ausstellung.

"Uneins - aber einig": Ausstellung zum Verhältnis von SPD und Gewerkschaften Vilsbiburg. "Uneins - aber einig ?" lautet der Titel einer Wander-Ausstellung der Friedrich-Ebert-Stiftung, die seit Donnerstagabend im Kreiskrankenhaus zu sehen ist.

Es geht um das nicht immer harmonische Verhältnis von Sozialdemokratie und Gewerkschaften, die gleichwohl in ihrem Bestreben, die Arbeitsbedingungen menschlich zu gestalten, aufeinander angewiesen sind. Die Ausstellung ist aktueller denn je, weil insbesondere
SPD-Entscheidungen im Kontext mit der "Agenda 2010" des ehemaligen
Bundeskanzlers Gerhard Schröder dieses Verhältnis nachhaltig belasten, wie DGB-Regionsvorsitzender Klaus Pauli sagte.

"Dass wir uns schon wieder in einem Krankenhaus treffen, hängt vielleicht mit dem allgemeinen Befinden der SPD zusammen", flachste der Leiter des Regionalbüros der Friedrich-Ebert-Stiftung, Harald Zintl. Im vergangenen Jahr war die Ausstellung "frei und links" nämlich im Klinikum Landshut zu sehen. Zintl stellte fest, dass die Beziehungen zwischen Sozialdemokratie und den Gewerkschaften längst nicht mehr so eng sind wie in den 60er und 70er Jahren. Insbesondere die sozialliberale Koalition unter Kanzler Willi Brandt hätte in enger Abstimmung mit dem DGB und seinen Einzelgewerkschaften bessere Lohn- und Arbeitsverhältnisse, mehr Mitbestimmungsrechte und einen Ausbau des Sozialstaats durchgesetzt. Das gute Verhältnis dauerte bis in die 80er Jahre hinein an, auch weil, so Zintl, Sozialdemokraten und Gewerkschaften ein sehr ähnliches Verständnis von den Grundwerten Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität hatten. Unter der rot-grünen Bundesregierung mehrten sich die Spannungen, bei der Wirtschafts- und Sozialpolitik traten größere Differenzen auf. Spätestens mit Schröders "Basta"-Rede zur SPD-Reformpolitik ("Wir werden das machen. Basta !") auf dem Leipziger ÖTV-Kongress im Jahr 2000 kühlten die
Beziehungen deutlich ab. Immer öfter hörte man auf Gewerkschafts-Veranstaltungen Vertreter der Linkspartei sprechen. Hinzu
kommt, dass Sozialdemokraten in der Organisationsstruktur der Gewerkschaften seltener werden.

Es sei ein Verdienst dieser Ausstellung, sagte DGB-Regionsvorsitzender Klaus Pauli, dass sie die Konflikte der jüngeren Vergangenheit in einen
historischen Kontext setze. Sie sei zum 100. Jahrestag des Mannheimer
Abkommens herausgekommen. Damit hatten die Gewerkschaften ihre
Selbstständigkeit erkämpft, weil sie ein Übergreifen der Massenstreikdebatte in der SPD auf ihre Organisation verhindern wollten.
Historischer Kontext Während sich die SPD um gesellschaftliche Veränderungen mühte, kämpften die Gewerkschaften für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen auf dem Boden der gegebenen Verhältnisse. "SPD und Gewerkschaften dienen keinem Selbstzweck, sondern vertreten Interessen. Wir haben Verantwortung für die, die unsere Organisation tragen, finanzieren und sich dort engagieren", sagte Pauli. Das seien nicht länger nur die Armen, Arbeitslosen oder Menschen mit geringen Chancen in der Gesellschaft, sondern immer öfter auch Menschen aus
der Mitte der Gesellschaft, die immer mehr an Einkommen und sozialem Statur verlören. "Das zusammengenommen ist die Mehrheit der Bevölkerung, und darin liegt für uns die Herausforderung", so Pauli. Deshalb müsse sich die SPD entscheiden, ob sie sich wieder stärker als Partei der Arbeitnehmer profilieren wolle, oder ob sie denen nachfolgen wolle, die die Agenda 2010 auf Dauer zur Leitlinie der Partei machen wollten.

Auch der Vilsbiburger Juso-Vorsitzende Markus Schlichter sah Chancen, dass die SPD jetzt in der Opposition wieder stärker zu gemeinsamen Themen mit den Gewerkschaften finde. Beide seien aufeinander angewiesen, sagte Schlichter, weil sie aus gemeinsamen Wurzeln entstanden seien und den demokratischen Sozialstaat als Ziel hatten. Hans-Jochen Vogel habe gesagt: "Die wichtigsten ihrer Ziele erreichen sie gemeinsam - oder gar nicht."

Die Ausstellung "Uneins - aber einig ?" Zur Geschichte des Verhältnisses von SPD und Gewerkschaften ist bis zum 20. November im Kreiskrankenhaus
Vilsbiburg täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet.

Georg Soller

 

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