Leserbrief von Franz Gumplinger

Veröffentlicht in Presse

Leserbrief zum Bericht in der Landshuter Zeitung vom 02. April 2011 „Die Situation ist wirklich ernst“

„Die Situation ist wirklich ernst“, so überschreibt der Wasserzweckverband Rottenburger Gruppe seine jüngste Veröffentlichung in der Landshuter Zeitung am 2. April und kündigt „konkrete Maßnahmen für eine Wasseraufbereitung in Hohenthann“ an. Die Nitratkonzentrationen weisen eine deutlich steigende Tendenz über den Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter Wasser auf, auch bei den Pestiziden Atrazin sowie Desethylat sei „die Tendenz nach wie vor steigend und der Zenit lange noch nicht erreicht“, heißt es. Momentan werde 30 Jahre altes Wasser gefördert und das Grundwasser für die übernächste Generation gebildet, gibt man sich – wohl auch angesichts der rasant zunehmenden Bodenbelastungen durch den zunehmenden Maisanbau für große Biogasanlagen - besorgt.

Nahe liegend wäre es - die von mir bereits auf der Verbandsversammlung im Juli 1997 vorgeschlagenen - Maßnahmen zur Grundwassersanierung und zum nachhaltigen Schutz der Trinkwasserreserven endlich in Angriff zu nehmen, wie sie andernorts seit langem erfolgreich praktiziert werden. Statt nun den Bauern Geld für eine Grundwasserverträgliche Bewirtschaftung zu geben, will die Rottenburger Gruppe in neue Brunnen investieren und sieben Millionen Euro für ein 32 x 12 Meter großes Filtergebäude nahe dem Brunnen ausgeben, ohne zu wissen wie die großen Mengen hochkonzentrierten Schmutzwassers aus den Filtern entsorgt werden können. Das künftige Fabrikwasser, welches 38.000 Einwohner auf dem 504 Quadratkilometer großen Versorgungsgebiet unseres Wasserzweckverbandes zu trinken bekämen, hätte mit einem unverfälschten Brunnenwasser nur mehr wenig gemeinsam und käme den Verbrauchern dauerhaft erheblich teuerer zu stehen.

Was hat meine Generation aus dem „Lebensmittel Nummer Eins“ gemacht? In meiner Kindheit konnten wir noch ein „sehr junges Wasser“ aus zehn Meter tiefen Hausbrunnen und mancherorts sogar aus oberflächlichen Quellen trinken, mit Bechern, welche die Bauern für ihre Pausen bei der Feldarbeit dort aufgehängt hatten. Breits sechzig Meter tief mussten die Brunnen gebohrt werden, als ich erwachsen wurde. Derzeit fördert der Wasserzweckverband aus mehr als hundert Metern Tiefe - anteilig auch ein zehntausend Jahre altes, nur einmal vorhandenes eiszeitliches Grundwasser - um die Schadstoffanteile im Trinkwasser leichter in den Griff zu bekommen.

Die in Bayern politisch Verantwortlichen sind dringend gefordert – statt die fabrikmäßige Aufbereitung der verschmutzten Grundwässer zur Regel werden zu lassen – den kommunalen Wasserversorgern wirksame gesetzliche Grundlagen für den vorsorgenden Grundwasserschutz an die Hand zu geben, wie sie im Artikel 141 der Bayerischen Verfassung als Auftrag ganz klar geschrieben stehen. Dringlich umzusetzen ist die europaweit gültige „EU-Wasserrahmenrichtlinie für den Grundwasserschutz“. Als Ziel ist dort formuliert: „Der gute mengenmäßige und chemische Zustand des Grundwassers. Das bedeutet, dass ein Gleichgewicht zwischen der Grundwasserentnahme und -neubildung zu erreichen ist, dass die Umweltqualitätsnormen der Gemeinschaft eingehalten werden müssen und dass kein signifikanter und anhaltender Trend einer Steigerung der Schadstoffkonzentrationen aufgrund der Auswirkungen menschlicher Tätigkeiten bestehen darf“.

Franz Gumplinger, Rottenburg