Netzwerkreport Nr. 144

Veröffentlicht in Kreistagsfraktion


Fraktionsvorsitzende Ruth Müller

Landkreishaushalt 2013
Haushaltsrede der Fraktionsvorsitzenden Ruth Müller

Sehr geehrter Herr Landrat,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen im Kreistag,

in der Bayerischen Gemeindezeitung vom 17. Januar diesen Jahres war folgende Überschrift zu finden: „Regent eines kerngesunden Landkreises“. Darin wurde über den 65. Geburtstag von Landrat Josef Eppeneder berichtet und u. a. festgestellt, dass „der Jubilar einen fast 150.000 Einwohner großen, wirtschaftlich starken und kerngesunden Landkreis regiert“. Am 19. Januar berichtete die Landshuter Zeitung, dass die Ausgangslage für den Haushalt nach den Worten von Herrn Alram „super“ sei.

Vom kerngesunden zum bedürftigen Patienten

Am Wochenende kam dann der große wirtschaftliche Zusammenbruch, die grandiosen Zahlen krachten wie ein Kartenhaus in sich zusammen, der „kerngesunde“ Landkreis mutierte zum bedürftigen Patienten, der nur mit einer kräftigen Finanzspritze von den Kommunen überleben könne. Denn am 21. Januar fand die erste Lesung des Haushalts im Kreisausschuss statt.

Wer ist schuld an der Finanzmisere?

Die Schuldigen waren in den verschiedenen Sitzungen schnell ausgemacht: Einmal war es der Atomausstieg, der die Gewerbesteuer in zwei Kommunen nicht mehr so stark sprudeln ließ. Dass durch den Ausbau der Erneuerbaren Energien nun alle 35 Gemeinden von steigenden Einnahmen profitieren, blieb unerwähnt. Auch die Stellenmehrungen beim Personal wurden angeführt. Explizit wurde hier einmal das Reinigungspersonal am neuen Gymnasium in Ergolding erwähnt, dass künftig wieder in der Personalverantwortung des Landkreises liegt. Ein anderes Mal hieß es, „schließlich habe man auch die Studiengebühren abschaffen müssen“ und irgendjemand müsse doch das alles bezahlen. Und immer wieder verwies man auf die schlechte Wirtschaftspolitik in Bundesländern, die rot-grün regiert werden. Dabei hat man völlig übersehen, dass beispielsweise der bayerische Steuerzahler täglich fast 1 Million Euro an Zinsen für das Landesbank-Desaster aufbringen muss. Und dass es viele bayerische Weichenstellungen waren, die den Landkreis Landshut viel Geld gekostet haben. Hier sei nur an die Einführung der sechsstufigen Realschule erinnert, die uns bis heute mit Anbau- und Umbaumaßnahmen beschäftigt, ganz abgesehen von den deutlich höheren Schülerbeförderungskosten und dem drohenden Aus für die Schule vor Ort.

Mit einer guten wirtschaftlichen Ausgangslage gingen wir in die Haushaltsberatungen – die Umlagekraft steigt, die Bezirksumlage wurde gesenkt, die Schlüsselzuweisungen sind mit über 16 Mio Euro so hoch wie nie. Eigentlich die besten Voraussetzungen, um nach vier Jahren regelmäßiger Erhöhung der Kreisumlage – letztes Jahr immerhin um 3 Punkte – die Kreisumlage wieder einmal zu senken und den Kommunen mehr finanziellen Spielraum zu gewähren.

Doch angesichts der Vielfalt der Aufgaben, der ständig steigenden Kosten im Bereich der Sozialhilfe und der Hochbaumaßnahmen wie Gymnasium und Berufsschulen war uns als SPD-Fraktion klar, dass es wohl zu keiner Kreisumlagen-Senkung kommen wird.

Für ein "Update" des Konnexitätsprinzips

In den Diskussionen wurde vielfach darauf verwiesen, dass das Konnexitätsprinzip vom Bund und vom Land nicht eingehalten wird. Und dass die finanzielle Aufgabenlast immer von oben nach unten verlagert wird. Wenn man etwas kritisiert, sollte man selbst mit gutem Beispiel vorangehen und eben nicht auch die angestiegene Finanzlast nach unten – also auf unsere Gemeinden – verlagern. Sicher – wir haben einige finanzstarke Bürgermeister auch unter unseren Kreisräten sitzen. Doch wir haben auch andere Gemeinden, in denen in den vergangenen Jahren viele Maßnahmen auf die lange Bank geschoben wurden, weil schlichtweg das Geld nicht da war.

Wenn wir – noch dazu in einem Wahljahr – ein Zeichen „von unten nach oben“ senden wollen, sollten wir so konsequent sein, dies auch deutlich zum Ausdruck zu bringen. Angesichts einer eingeplanten Kreditaufnahme von 28,2 Mio Euro fallen die 1,2 Mio mehr oder weniger durch 1 Punkt Kreisumlage nicht mehr so stark ins Gewicht. Auch aus der Kenntnis der Vergangenheit, die uns gezeigt hat, dass die Einnahmenseite immer sehr knapp gerechnet war und die Ausgabenseite eher großzügig kalkuliert wurde, was dann unter dem Strich zu einer Mehrzuführung in den Vermögenshaushalt verbucht werden konnte. Und wir haben eine Tiefzinsphase, die schon seit einigen Jahren als „historisch“ beschrieben wird. Wir können es also durchaus verantworten, die Kreisumlage stabil bei 50,5 Punkten zu belassen.

Streitwert 1 Punkt Kreisumlage vs. Steuerprellung in Milliardenhöhe und Landesbankdebakel auch in Altdorf

Wir sollten unsere Energie darauf verwenden, im Bund und im Land dafür zu sorgen, dass die Finanzausstattung der Kommunen besser wird. Und dass es ein Update des Konnexitätsprinzips gibt. Und wenn es in Bayern genügend Steuerfahnder gibt, die betrügerischen Banken das Handwerk legen, gibt es auch mehr Geld für die Kommunen. Wir streiten uns hier um 1 Punkt Kreisumlagenerhöhung, während findige Bankmanager den Staat, der sie mit milliardenschweren Rettungsschirmen bedacht hat, um Milliarden prellen. 13 Milliarden Euro Steuerbetrug allein für 2008 werden geschätzt und Menschen, die die Betrügereien angezeigt haben, sitzen seit Jahren in der Psychatrie. Auch mitten in unserem Landkreis schlummert ein Millionengrab, von dem noch keiner weiß, wie wir es eines Tages handeln werden: Die über 200 GBW-Wohnungen in Altdorf, die aufgrund des Landesbank-Debakels versilbert werden sollen. Wenn der Landkreis einsteigt, reden wir hier über Kosten von rund 10 Millionen Euro – also 8 Punkte Kreisumlagenerhöhung. Oder wir zahlen dann später unseren Beitrag über den Sozialhaushalt, wenn sich die Menschen die Wohnungen nicht mehr leisten können.

Krankenhausfinanzierung muss besser werden!

Wenn man sich die mangelhafte Finanzierung der Krankenhäuser in unserer Region ansieht, erkennt man, dass es mit der Förderung des ländlichen Raums nicht so weit her ist, wie es in Sonntagsreden oft gepriesen wird. Herr Landrat, wie begrüßen es ausdrücklich, dass Sie mit einer großen Informationsveranstaltung am Mittwoch unsere Bürgerinnen und Bürger über die Situation informieren. Doch das reicht nicht – mit guten Worten alleine ist da nichts getan. Die schwarz-gelbe Regierung hat im vergangenen Jahr finanzielle Hilfen angekündigt, die jedoch ausgeblieben sind. Unser Personal verdient – zu Recht – mehr. Doch dass ein Teil dieser Mehrkosten bei den Kommunen hängen bleibt, ist nicht nachvollziehbar. Wir haben mit dem Hospiz in Vilsbiburg unser Krankenhaus vor Ort gestärkt. Doch dass die Finanzlage so ist, dass 10% der Hospiz-Kosten über Spenden erbracht werden müssen, wird der schweren Aufgabe dieses Hauses nicht gerecht.

Sehr geehrte Damen und Herren,

die SPD-Fraktion trägt den Verwaltungs- und Vermögenshaushalt mit. Wir hätten allerdings die Finanzierung über eine höhere Verschuldung (1,2 Mio mehr) gewollt. Die steigenden Sozialausgaben, die Stellenmehrungen und die großen Investitionen lassen den Haushalt in diesem Jahr wieder einmal zu einem Rekord-Haushalt anwachsen. Wir wollen allerdings nicht, dass die Lasten dieses Rekord-Haushalts noch mehr als bisher von den Kommunen gestemmt werden müssen. Wir meinen, langfristig angelegte Investitionen müssen vom Verursacher, also dem Landkreis auch langfristig abfinanziert werden. Sie dürfen nicht großflächig auf die Kommunen verschoben werden, weil sie dort dann in den meisten Fällen auch nur Schulden verursachen.

Unsere Kommunen sind systemrelevant. Und eine ausreichende Finanzierung ist alternativlos! Deshalb lehnen wir eine Erhöhung der Kreisumlage ab.

Mangelndes Demokratieverständnis

Ich bin seit 17 Jahren im Kreistag und habe schon so manche Haushaltsberatung miterleben dürfen. Doch in diesem Jahr waren die Fronten deutlich verhärtet und ein Kompromissvorschlag lange nicht in Sicht. Wenn uns als SPD dann allerdings sehr deutlich zu verstehen gegeben wird, dass „man uns sowieso nicht braucht“, dann kann das auch beim besten Willen nicht als Kompromiss-Angebot gewertet werden. Ein ausgeprägtes Demokratieverständnis kann ich da ebenfalls nicht erkennen.

Und wenn dann meinen Fraktionskollegen empfohlen wird, sie sollten sich eine „weniger empfindliche Fraktionsvorsitzende“ zulegen, dann wären vielleicht weniger chauvinistische Umgangsformen auch eine Alternative für mehr Miteinander in diesem Gremium.

Wir bedanken uns ausdrücklich bei Herrn Alram und Herrn Brandstetter stellvertretend für die gesamte Landkreisverwaltung für die umfangreiche Aufbereitung der Zahlen und die Erläuterungen.

Die SPD-Fraktion wird dem vorgelegten Haushaltsplan mit einer Erhöhung der Kreisumlage um 1 Punkt jedoch nicht zustimmen.

Pfeffenhausen, 16.03.2013
Ruth Müller

- es gilt das gesprochene Wort -

 

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